Entschleunigtes Kleinod?! Seßlachs Sehenswürdigkeiten an der Burgenstraße
Tanja Klindworth
Hast du schon einmal von Seßlach gehört? Die Stadt gleicht einem Märchen und wir zeigen dir, was du unbedingt in Seßlach machen solltest
Hast du schon einmal von Seßlach gehört? Die Stadt gleicht einem Märchen und wir zeigen dir, was du unbedingt in Seßlach machen solltest
Fast zum Ende meiner Tour, über einen Teil der Burgenstaße, lande ich in Seßlach. Ich gestehe, Seßlach war mir vorher kein Begriff, wurde mir aber wärmstens für meine Tour empfohlen – die Stadt soll sehr süß sein, mit einem historischen kleinen Stadtkern und die kleine Stadtmauer ist schon etwas ganz Besonderes…
Entsprechend neugierig trete ich also den Weg nach Seßlach an. Nach einer Woche voller Termine, Kultur und Besichtigungen kann ich ein wenig Ruhe und Entschleunigung gut gebrauchen. Seßlach soll hier also der absolute Geheimtipp sein – ich bin gespannt.
Und die Entschleunigung beginnt schon in dem Moment, als ich mit dem Wohnmobil (mein besonderes Gefährt für die Reise auf der Burgenstraße) auf den Campingplatz Sonnland in Seßlach rolle. Nach rund 3 Stunden strömenden Regen – und ich mitten drin – klärt sich der Himmel, als I-Tüpfelchen, kurz vor Seßlach wieder auf und wir erreichen den Ort bei wärmenden Sonnenstrahlen.
Immer auf der Suche nach dem Wellness-Faktor, finde ich ihn genau hier – auf diesem kleinen Campingplatz in Form einer grün-grüner-Wasser-Badelandschaft. Insgesamt ist der Platz wunderschön in die Natur eingebettet und das Highlight ist der große natürlich angelegte Badeteich mit Holzstegen, Liegen, kleinen Nischen und 23° Grad warmem Wasser. Wer mich kennt, weiß ich bin eine Wasser-Schwimmratte… SPANESSi übrigens auch und so sind wir beide schon mal im siebten Wasserplanschhimmel.
Wer nicht wie wir mit dem Wohnmobil anreist, kann natürlich auch zelten oder wahlweise ein kleines Ferienhaus mieten. Bis zum historischen Stadtkern von Seßlach sind es nur etwas über einen Kilometer. Eine solche Camping-Anlage fällt absolut unter den Begriff Glamping.
Ich mache mich also zu Fuß auf, vom Campingplatz zum historischen Stadtkern von Seßlach. Instinktiv gehe ich genau richtig (nämlich über einen Trampelpfad und dann quer durch das Wohngebiet) und lande rund 10 Minuten später vor dem Rathaus. Schon als ich durch das kleine Stadttor schreite bin ich ganz verzückt von der Atmosphäre in der märchenhaften Stadt. Vor dem Rathaus holt mich Carolin ab um mir ihr Seßlach zu zeigen und mir ein wenig über „ihre“ Stadt zu erzählen.
Ich selber entdecke ja immer mehr, wie gern ich im eigenen Land reise und unterwegs bin. Vielleicht hat das was mit dem Alter zu tun. Ich stelle immer wieder fest, wie schön und vielfältig Deutschland ist und wie es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Carolin scheint es ähnlich zu gehen… sie schwärmt mir von Seßlach vor und schnell kann ich ihre Begeisterung absolut nachvollziehen.
Die Tatsache, dass genau zu meinem Besuch Kirchweih in Seßlach ist und viele gut gelaunte Menschen unterwegs sind, macht das Ganze natürlich noch sympathischer. Wir ziehen zusammen zu einem Stadttor und gehen ein wenig ausserhalb der Stadt, an der Stadtmauer, entlang. Weiter führt der Weg vorbei an der kleinen Brauerei, in die kleine Kirche, hoch auf einen der Türme am Stadttor (die Türme werden für Ausstellungen genutzt (Eintritt ist in der Regel kostenfrei) – zu meinem Besuch aktuell eine Ausstellung mit Manga-Bildern von Clarissa Jäger) und vorbei an zahlreichen malerischen Fachwerkhäuschen.
Auch ein Blick in die Hinterhöfe lohnt sich, denn oft sind hier wirklich kleine gastronomische Betriebe aufgebaut und man kann ganz gemütlich sitzen und ein Bierchen oder Wein trinken. Insgesamt sind die Hinterhöfe in Seßlach einen „zweiten“ Blick unbedingt wert.
Die Brauerei Seßlach ist sehr besonders, vielleicht kann man sogar von einer einzigartigen Kuriosität sprechen. Denn 1335 spricht Kaiser Ludwig der Bayer dem kleinen Ort nicht nur die Stadtrechte zu, er verleiht auch gleich das Braurecht. Seit dem braut die Stadt ihr ganz eigenes Seßlach Bier. Der Braumeister von Seßlach ist sogar direkt bei der Stadt angestellt.
Das Brauhaus befindet sich seit 1892 am Ende der Pfarrgasse. Pro Jahr werden nur um die 40 Sud gebraut, die dann unter den Wirtshäusern und an private Haushalte aufgeteilt werden.
Seßlach Geheimtipp: Du möchtest Bier aus dem Kommunbrauhaus kosten? Bier bekommt hier nur der, der es mit einem eigenen Gefäß abholt (Kosten: 1 Liter ab 1,15 Euro) – Flaschen gab es nie und gibt es auch heute noch nicht! Die Bierabfüllung und der Verkauf des Seßlach Bier findet aber nur 1 x pro Monat (meistens am zweiten Samstag im Monat) statt. Ich selber hab das Bier „als Hausbier“ im Landgasthof Roter Ochse Seßlach getrunken.
*Nachtrag: Seit 2022 wird das Bier auch an verschiedenen Tagen / Uhrzeiten in 5-Liter-Dosen an folgenden Orten verkauft: Brauhaus, Wertstoffhof, Rathaus, Weinladen Maximiliansplatz, Lebensmittelmarkt Großkreuz und EDEKA Seßlach.
Bei meinem Spaziergang durch Seßlach fallen mir an einigen Häusern schwarze Metallrosen auf, die an die Häuserwände montiert sind. Irgendwie haben diese Rosen etwas märchenhaftes. Carolin erklärt mir den Ursprung und Hintergrund zu den Rosen.
Diese Rosen sind eine Art Auszeichnung. Besonders historische Häuser (die z.B. besonders alt und gut erhalten sind) oder auch unwahrscheinlich schön wieder hergerichtet wurden, erhalten eine solche schwarze Metallrose. Ich finde die Idee sehr schön und bin beeindruckt davon, wie viel Herzblut die Bewohner:innen der kleinen Stadt in die Verschönerung und Erhaltung des historischen Stadtkerns legen.
Auf einem besonderen Stadtrundgang, der Baugeschichte auf der Spur, durch Seßlach kannst du einen Blick auf Seßlach Sehenswürdigkeiten aus einem anderen Blickwinkel werfen. Die Installation von Sven Hedrich will alltägliche, kleine Dinge und überraschende Details neu in den Fokus stellen. Mehr zum Rundgang #sesslachimblick HIER.
Zu den „schwarzen Rosen“ fällt Carolin aber auch eine ganz andere Geschichte ein. Sie verrät mir strahlend, sie muß bei einem Spaziergang durch ihr „Seßlach“ immer an das Märchen „Die Schöne & das Biest“ denken – wie die Hauptfigur Bell durch die Stadt spaziert, einkauft und hier und da ein „freundliches“ Schwätzchen hält.
Ich muß zugeben, Carolin hat absolut recht: Seßlach könnte ohne Weiteres die Kulisse für dieses Märchen sein – und wie sie so vor mir her schreitet und begeistert weiter von Seßlach erzählt und schwärmt, denke ich so bei mir „ach sie könnte auch gut die Bell kurzerhand selber mimen“, auch wenn sie so gar nicht davon überzeugt ist, als ich sie filmen möchte.
…tja und dann ist unsere gemeinsame Zeit auch schon vorbei. Denn es ist ja Kirchweih-Samstag und Carolin wird auf dem Marktplatz von den Mitgliedern der Musikgruppe freudig begrüßt. Sie lacht und ruft „ich komme gleich rüber zu euch“. Wir hingegen haben jetzt ein Date mit unserem Abendessen im Landgasthof „Roter Ochse“.
Geführt wird das Gasthaus Roter Ochse Seßlach übrigens von Carolins Familie. Als wir so am „Roter Ochse“ vorbeiziehen, steckt der Papa von Carolin schon mal den Kopf vor die Tür um uns zu begrüßen.
Sehr freundlich dieses Seßlach!
Wir betreten den Landgasthof „Roter Ochse“ am Marktplatz – nur wenige Schritte vom Rathaus entfernt – und sind verzückt von der urigen Atmosphäre. Hinter dem Gasthof wartet auch einer der schon oben erwähnten idyllischen Hinterhöfe – die so typisch für Seßlach sind.
Es gibt eine ganze Menge sehr schöner und gemütlicher Gastronomiebetriebe in Seßlach. Doch der Landgasthof „Roter Ochse“ serviert nicht nur richtig leckere regionale Gerichte, er ist auch tatsächlich der älteste Gasthof in Seßlach. Urkundlich wird der Gasthof 1620 zum ersten Mal erwähnt. Auf den Tisch kommen Speisen der bodenständigen, fränkischen Küche, natürlich fränkischer Wein und nicht zu vergessen das Seßlach Bier aus dem Kommunbrauhaus.
Übernachten in Seßlach: Wer länger bleiben will, kann das auch im Roter Ochse Seßlach – denn es gibt auch eine Zimmervermietung ab aktuell 45 Euro pro Person (inkl. Frühstück).
Bei meinem Spaziergang durch Seßlach erfahre ich eine ganze Menge über die Stadt. Dinge und Infos, die ich vorher tatsächlich so über die Stadt nicht nachlesen konnte. Mich interessieren diese kleinen (oft kuriosen) Geschichten immer sehr und ich denke, dir geht es da vielleicht ganz ähnlich:
In der historischen Altstadt von Seßlach leben rund 150 Menschen. Rund herum sind es um die 2.000 Bewohner:innen und mit den umliegenden Dörfern, die zu Seßlach gezählt werden, kommt die Stadt auf 4.000 Einwohner:innen.
2010 feierte Seßlach 675 Jahre Stadtrechtserhebung (mit dem Stadtrecht kam auch das Bierbraurecht) – doch bereits im Jahr 2000 fand die 1.200 Jahr–Feier statt.
Seßlach wird auch die Stadt der drei Tore genannt: Hattersdorfer Tor, Geiersberger Tor und Rothenberger Tor. Durch das Hattersdorfer Tor hast du in der Ferne einen reizenden Blick auf die barocke Friedhofskapelle. Vor dem Rothenberger Tor verläuft das idyllische Panorama der Rodachbrücke mit der markanten Nepomukfigur und der Blickwinkel vom Geiersberger Tor, mit der angrenzenden Stadtmauer, zeigt sich besonders fotogen.
Samstags 14 Uhr werden die großen Stadttore geschlossen und es bleiben nur die fußläufigen Stadttore geöffnet. Denn Autos sollen am Wochenende (eigentlich!) nicht in der Stadt unterwegs sein. Das sorgt natürlich für einen Extrafaktor Gemütlichkeit und vor allen Dingen kannst du dann tolle Fotos schießen.
Seßlach ist auch eine beliebte Filmkulisse. Die „Schöne & das Biest“ wurde hier leider nicht gedreht, dafür aber „Räuber Hotzenplotz“ und auch ein Teil der neuen Hollywood-Verfilmung von „Luther“. Der Stadtmauergraben am oberen Zwinger war Filmkulisse zur Verlesung der 95 Thesen sowie der Bücher-Verbrennung von Luther und über die Rodachbrücke zogen die Luther-Gegner in die hübsche Seßlacher-Altstadt ein. Räuber Hotzenplotz wiederum nutzte den Marktplatz, ebenfalls die Rodachbrücke (dort wurde ein Kleingarten inszeniert) und eine Scheune (sie diente als Gefängnis) als Kulisse.
Seßlach Geheimtipp: Du bist mit dem Fahrrad unterwegs? Dann radel die Drehorte des Films „Luther“ einfach ab. Es werden zwei Rundrouten a‘ 37 Kilometer (Ostschleife) und a‘ 39 Kilometer (Westschleife) angeboten. Beide Touren starten und enden in Seßlach.
Sonntags um 14 Uhr wird eine Stadtführung in den Sommermonaten (April bis Oktober) angeboten. Kostenpunkt liegt bei 5 Euro pro Person (Kinder frei).
Gut zu wissen: Treffpunkt / Start der Stadtführung: Am Rathaus; Dauer: ca. 1,5 Stunden.
Seßlach ist die Heimat von gleich zwei Schlössern. Schloss Geyersburg (entstanden im 12. Jahrhundert) und Schloss Heilgersdorf (Heilgersdorf ist ein Stadtteil von Seßlach). Schloss
Erbaut ab 1717 konnte sich das Schloss, trotz Zweckendfremdung, den barocken Stil bewahren. Es gibt immer mal wieder Pläne und Ideen von Investoren, das Schloss zu nutzen. Doch bisher wurde davon nichts umgesetzt.
Auf einem Hügel thront und wacht Schloss Geyersberg über Seßlach. Das Schloss mit seinem prachtvollen Garten ist im Privatbesitz. Es wird als stilvolle Eventlocation genutzt. Reste einer Schildmauer und eines Bergfriedes erinnern noch heute an die mittelalterlliche Burganlage.
Dichter und Orientalist Friedrich Rückert wohnte 1807/08 in Seßlach. Die Stadt erinnert an den Philologen mit dem süßen „Rückert-Gärtchen“ an der Burg Geyersberg. Außerdem befindet sich eine Gedenktafel am ehemaligen Wohnsitz der Familie – dem Amtshaus am Maximiliansplatz.
Tipp: Du bist gern in Wanderschuhen unterwegs? Dann findest du HIER die Beschreibung zum knapp 145 Kilometer langen Rückert-Wanderweg von Schweinfurt, über Seßlach, bis Coburg.
Seßlach liegt im Coburger Land am Pilgerweg Vierzehnheiligen. Rund um Seßlach findest du viele schöne Fahrrad- und Wanderwege für (d)einen Aktivurlaub sowie ein paar entspannte Ausflugsziele wie dem Wildpark Schloss Tambach, der Deutsche Burgenwinkel, die Veste Heldburg oder Schloss Rosenau.
*Ich wurde bei meiner Reiseplanung und Umsetzung von der Burgenstraße e.V. super unterstützt. Vielen Dank für die tollen Ideen, den umfangreichen Ablaufplan und die super Zusammenarbeit. Seßlach war auf meiner Tour ein echtes Highlight. Das Leben lebt „eben auch besonders“ von Begegnungen… und die „wenn auch viel zu kurze“ Begegnung mit Carolin hat mir auf der Tour sehr gut gefallen. Dieser Artikel wurde erstmals im Sommer 2016 veröffentlicht und im Sommer 2024 zum letzten Mal umfangreich überarbeitet und aktualisiert.
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