SPACamp 2022: Watt’ne Entwicklung
Tanja Klindworth
Zum SpaCamp 2022 habe ich zurückgeblickt auf 10 Jahre Veränderungen in der Spa- und Welnessbranche.
Zum SpaCamp 2022 habe ich zurückgeblickt auf 10 Jahre Veränderungen in der Spa- und Welnessbranche.
Mein erstes SpaCamp habe ich 2012 im Berchtesgadener Land besucht. Zwischen diesem SpaCamp im Atlantic Hotel Wilhelmshaven und meinem ersten in Bayern liegen somit ganze zehn Jahre. Oft haben wir den Eindruck „alles bleibt wie es ist“ – doch ist das wirklich so?
Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, wird es also unbedingt Zeit, einfach mal einen Rückblick auf zehn Jahre Entwicklung und Veränderung in der Spa- & Wellness-Hotellerie, Day-Spas und den Gesundheitstourismus zu werfen.
Barcamps sind heute ein gelerntes und beliebtes Veranstaltungsformat zum Austausch auf Augenhöhe. Doch mal abgesehen davon, dass Barcamp-Formate 2012 noch etwas sehr exotisches an sich hatten und das „DU“ vielen Teilnehmern damals noch sichtlich schwerer gefallen ist, gab es noch mehr exotische Themen, die heute längst selbstverständlich in der Branche sind.
Ich erinnere mich, dass wir auf dem SpaCamp 2012 über „Spiritualität“ gesprochen haben. Aber auch wie wir zukünftig mehr Männer in den Spa bekommen. Darüber hinaus stand die Frage im Raum, ob sich ein iPad zur Gästekommunikation, z.B. auf dem Hotelzimmer, überhaupt lohnt.
An dieser Stelle muss ich wohl nicht erwähnen, dass heute zehn Jahre später, Männer ebenso oft im Spa zu finden sind wie Frauen. Ähnlich verhält es sich auch mit den Inroom-Tablets (wie z.B. von SuitePad). In vielen Hotelzimmern zählen sie längst zum Standard, anstatt der früher üblichen Gästemappen.
Wobei es in den Marketing-Sessions eher noch um klassische Pressearbeit ging oder auch, wie wir Social Media „besser“ oder für viele damals auch noch erstmalig in die Öffentlichkeitsarbeit einbinden können.
Wir haben auch intensiv darüber diskutiert, wie denn Online-Verkäufe und Zugriffe auf Webseiten überhaupt analysiert werden können. Von echter Digitalisierung waren wir zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch meilenweit entfernt.
Das Motto von damals „Gemeinsam Berge versetzen“ bekommt rückwirkend für mich sogar viel mehr Relevanz als damals. Denn wenn wir die letzten zehn Jahre mal Revue passieren lassen, dann sind es zum Teil Hügel die versetzt wurden. Ja, vielleicht auch sogar Berge. Im Gegenzug haben wir auch sicherlich so manchen Berg – als Metapher für Herausforderung – erklommen und gemeistert.
Doch wer schon einmal in den Bergen wandern war, der weiß, bei einem Gipfel bleibt es nicht. Bevor wir nun einmal oben ankommen, gehts mal bergauf und bergab, über steinige Wege, schmale Pfade und durch tiefe Schluchten. Sicherlich hätten wir 2012 nicht mit einer weltweiten Pandemie, einschneidenden Lockdowns oder derartig explodierenden Energiepreisen gerechnet, wie wir sie erlebt haben und wie sie nun auf zu zurollen.
Der Kunde ist König – oder?!
Haben wir uns 2012 noch intensiv über die (fast) bedingungslose Erfüllung von Gästewünschen unterhalten, so hat sich das Blatt doch etwas gewandelt. Die Branche hat einen neuen Weg eingeschlagen und stellt viel mehr die Fragen:
Wie vermitteln wir dem Gast also was er wirklich braucht?
„Was wünscht sich der Gast wirklich?“ und „Müssen wir alle Wünsche erfüllen?“.
Gerade mit Blick auf nachhaltige Wertschöpfungsketten, Klimaneutralität und Mangel an Fachpersonal, einem geschärften Blick auf die eigene Gesundheit und Wellbeing-Faktoren – verändern sich auch die Bedürfnisse und Ansprüche – sowohl auf Anbieter- als eben auch Gastseite.
Themen wie Regionalität, Authentizität, Klimaneutralität, faire Arbeitsbedingungen oder auch Ganzheitlichkeit standen 2012 eher am Rande einer Agenda. Doch sie haben in den letzten Jahren enorm an Relevanz gewonnen. Das zeigt schon der Veranstaltungsort. Im Mittelpunkt steht nicht das High-End-Wellnesshotel sondern viel mehr eine ganze Wellness-Region, die gemeinsam an einem Strang zieht. Auch damit gewinnt das alte Motto #gemeinsamBergeversetzen einen ganz neuen Blickwinkel – auch wenn am Wattenmeer eben gar keine Berge stehen.
Doch letzten Endes zeigt es eben nur, wir müssen alle zusammen arbeiten, von einander lernen und uns offen austauschen – egal ob nun Watt, Berge oder idyllische Seenlandschaft. Was ja auf dem SpaCamp – wie auch anderen Barcamp-Formaten – schon mal super klappt.
Schaut dazu auch in meinen Artikel im SpaCamp-Magazin „Nachhaltigkeit erfordert Mut, Haltung und Macher:innen!“
In zehn Jahren SpaCamp durfte ich immer wieder neue Spa-Talente und Persönlichkeiten treffen aber mich auch kontinuierlich über die Jahre mit alten Wellness-Hasen und Akteur:innen der Branche wertvoll austauschen. Gerade zu meinem Rückblick auf Spa-Trends und Einblicke in die laufenden Prozesse und Veränderungen der Branche habe ich ganz spontan spannende Impulse von tollen Kolleg:innen eingeholt, die seit Jahren für ihre Arbeit in der Branche brennen.
Aus Sicht der Kund:innen stellen wir fest, die Bedürfnisse haben sich sehr gewandelt. Vor rund zehn Jahren war eine Ayurveda- oder Hot-Stone-Massage noch der Clou. Oft jedoch ohne von Gast-Seite zu wissen, was wirklich dahintersteckt.
Heute werden Behandlungs-Angebote, Service-Leistungen, Produktquellen und Ganzheitlichkeit viel mehr hinterfragt. Das fordert von den Behandler:innen auch noch mehr Qualität, Professionalität und ‚Berührungen‘ eben auch auf menschlicher Ebene. Dem gegenüber steht natürlich wie wohl nie zuvor der aktuelle fachpersonelle Mangel, mit dem wohl fast alle Betriebe unserer Branche zu kämpfen haben.
Susanne Januschek, Inhaberin Badehaus Bremen
Die Branche hat sich in den letzten zehn Jahren enorm professionalisiert und somit steht auch die Wirtschaftlichkeit viel mehr im Fokus. Längst wurde erkannt, mit dem richtigen Konzept, kreativen Upselling-Ideen, einer vernünftigen Budget-Planung, funktionellen Buchungssystemen und langfristigen Zielen lassen sich im Spa durchaus sehenswerte Profite erzielen – auch in Zeiten knapper Personalressourcen.
Daneben legen die Gäste deutlich mehr Wert auf Nachhaltigkeit, welches sich nicht nur in den verwendeten Kosmetikprodukten widerspiegeln darf, sondern ganzheitlich gelebt und kommuniziert werden sollte. Es gibt bereits ein paar sehr gute Best Practice Beispiele an denen man sich orientieren kann – alternativ kann auch eine Zertifizierung Orientierung für die nachhaltige Entwicklung geben.
Catrin Stoppa, Inhaberin Stoppa Touristik Consulting & Auditorin GreenSign SPA
Noch vor zehn Jahren haben wir von Verlängerung der Öffnungszeiten gesprochen, oft wurde ein Spa- und Wellnessbereich sogar in zwei Schichten betrieben. Mit einer ausreichenden Ressource an Mitarbeitern ging es eben nur darum Räume bestmöglich auszunutzen. Doch gefühlt waren natürlich nicht nur Mitarbeiter:innen noch ausreichend vorhanden: Wasser, Energie und auch Platz schienen zumindest unendlich zur Verfügung zu stehen.
Aufgrund des mittlerweile herrschenden Mangels an Mitarbeitern, steigenden Kosten für Energie, Miete und Personal wurde und wird stark umgedacht. Es kommen mehr Behandlungen und Anwendungen zum Einsatz, welche unabhängig von Fachkräften bzw. Mitarbeitern angeboten werden können. Digitalisierung sorgt für Entlastung und auch der nachhaltige Aspekt hat einen starken Einfluss auf Pool-Temperaturen, Sauna-Öffnungszeiten oder bauliche Anpassungen.
Gesine Ponto, CIERE – Spa Management
In den letzten Jahren sind wir sehr viel enger in der Spa-Branche zusammengerückt, sogar mit der Wellness-Industrie und auch auf regionaler Ebene. Die Kommunikation und auch der (Erfahrungs)Austausch sind viel wichtiger geworden, auch durch Fachgruppen und Verbände wie z.B. mit dem Wellness-Verband. Von dem gemeinsamen Austausch profitiert die ganze Branche, denn kürzere und schnellere Wege oder auch verbesserte sowie effizientere Lösungen sind davon eine positive Folge. Wege vereinfachen sich und auch die Ausbildung wird bedarfsgerechter angeboten. Es ist interessant zu beobachten, wie wir gemeinsam in der Community zu lebhaften Veränderungen beitragen dürfen und können.
Nina Hirtler, Medical Spa Manager Wangerland Touristik
Ich habe tatsächlich vor ziemlich genau zehn Jahren angefangen in der Wellness- und Beauty-Branche zu arbeiten. Damals wurden verstärkt hochpreisige namenhafte Produkte angefragt und es wurden frühzeitig(er) Termine und Behandlungen eingebucht. Naturkosmetik wurde, im Gegensatz zu heute, wirklich nur sehr vereinzelt gewünscht und verkauft. Der Markt an naturkosmetischen Produkten hat seit dem stark zugenommen und auch zwischenzeitlich für eine fehlende Übersicht, sogar fast etwas Verwirrung, gesorgt. Es haben viele gute und mittlerweile auch namenhafte Naturmarken Einzug gehalten, so dass die Nachfrage vereinzelt auch schon wieder zurückgeht.
Insgesamt hinterfragt der Gast heute stärker Sinn und Zweck der Anwendungen. Gewünscht sind schnellere (Beauty- und)Entspannungs-Effekte. Die Bereitschaft für lange Verwöhn-Behandlungszeiten am Stück hat zugenommen. Der Gast möchte, dass individueller auf ihn eingegangen wird. Wir beraten heute viel intensiver und schnüren Behandlungs- und Anwendungs-Pakete genau auf den Gast zugeschnitten. Dabei kommt auch verstärkt apparative Kosmetik zum Einsatz.
Vanessa Legler, Beauty- und Spa-Managerin Parkhotel Egerner Höfe
Das SpaCamp 2022 in Wilhelmshaven war tatsächlich anders. Vielleicht liegt es daran, weil wir nun sehr lange kein richtiges bzw. nur eine sehr eingeschränkte Variante des SpaCamps veranstalten und besuchen konnten? Eventuell haben die Herausforderungen seit 2020 noch einmal als Beschleuniger zu den ohnehin schon laufenden Veränderungen beigetragen und die Prioritäten sowie die Einstellung der Akteur:innen stark verändert? Vielleicht ist es aber auch nur mein ganz persönliches Gefühl, weil wir in meiner Heimatregion Norddeutschland in Niedersachsen zu Gast waren oder weil 10 Jahre echt eine lange Zeit sind?
Es bleibt auf alle Fälle spannend. Das Rad wird sich weiter drehen und die Zukunft wir zeigen, wohin die Reise für die Spa-Community und Wellness-Branche geht. Prioritäten und Trends werden sich ändern und wir werden hoffentlich noch sehr oft zu vielen SpaCamps zusammenkommen. Ich bin auf alle Fälle schon sehr neugierig wohin die SpaCamp-Reise 2023 geht und ich blicke sehr positiv auf die Motivation der Branche. Es ist noch viel Raum für Inspiration, Innovation und kreative neue Lösungen. #packenwiresan #gemeinsamsindwirstärker
Ich halte euch natürlich auf dem Laufenden!
Übrigens: Die neue SpaCamp-Location für 2023 wird noch gesucht! Wenn du also Inhaber:in, Direktor:in oder Mitarbeiter:in eines 4-5*-Hotel bist oder ein schönes Haus kennst, das 2023 unbedingt DER Austragungsort des SpaCamp sein sollte, dann freuen wir uns über deine Kontaktaufnahme! Die wichtigsten Eckdaten wurden HIER zusammengefasst.
*Auch in diesem Jahr war ich als Medienpartner auf dem SpaCamp dabei.
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Ein sehr toller Artikel liebe Tanja
Er spricht mir aus der Seele…
Es hat sich so viel getan in den letzten 10 Jahren…und ich bin dankbar und froh dass auch unsere Wege sich auf angenehme Weise gekreuzt haben ☺️.