Das Wellness-Dilemma: Perfektes Spa oder Top Behandler?
Warum Ihr euch meist für eins entscheiden müsst….?! Das war kürzlich ein Artikel von Jenny auf ihrem Blog I love Spa. Spannende These die Jenny Ospelt von I Love Spa in ihrem Artikel da aufstellt.
Ist es nur die eine These oder ist es wirklich der Alltag in der deutschen Wellnesshotellerie?
Sindy will’s wissen: Fragen, Antworten und Resümee einer Spa-Managerin
Seit 10 Jahren bin ich als Spa Managerin in Deutschland und weltweit in der gehobenen Wellnesshotellerie tätig und dieser Artikel auf I Love Spa regt wirklich zum Nachdenken an und läßt mich seit der Veröffentlichung nicht mehr los.
Ich war nicht immer Spa-Managerin. Bis hier her war es ein langer Weg, denn auch ich habe als Masseur im Wellnessbereich meine Berufslaufbahn gestartet.
Schon damals, vor 12 Jahren, gab es einen gewissen Fachkräftemangel in dem Bereich des gut qualifizierten Wellnessmitarbeiters.
Die allumfassende Frage: Was muss ein Wellnessmitarbeiter überhaupt können um als gut qualifiziert zu gelten?
Ich denke, ich habe durch meinen Beruf schon viel gesehen und erlebt, doch nicht jeder Mitarbeiter der eine kosmetische oder therapeutische Grundausbildung hat, ist gleichzeitig ein guter Wellnessmitarbeiter. Ein guter Mitarbeiter im Wellnessbereich braucht ganz unterschiedliche Skills. Das fängt oft schon beim Umgangston an und hört in der Vorbereitung der Behandlungskabine noch lange nicht auf.
Sindy will’s wissen
Wer wie ich, eine umfangreiche therapeutische Ausbildung macht, ist vielleicht ein sehr guter Masseur mit vielen medizinischen Kenntnissen und kann bei einem Problem der medizinischen Art sehr gut helfen. Doch bietet er dem Gast das, was dieser in einem guten Wellnesshotel auch erwarten würde?
Die klare Antwort ist NEIN! Nein? Warum? Weil der Gast eben ein Gast ist und kein Patient!
Und das Ganze startet dann schon mit der Begrüßung des Gastes – denn der ist eben kein Patient, sondern ein zahlender Kunde. Ein Kunde, der sich eine Dienstleistung kauft, um sich wohlzufühlen. Ein Kunde, der sich die Zeit des Behandlers und dessen vollständige Aufmerksamkeit wünscht.
Patient oder Wellnessgast – das ist hier die Frage!
Gespräche und Erwartungshaltungen zwischen Therapeut und Wellnessgast sind sehr unterschiedlich. Als erstes steht mal die Frage im Raum, handelt es sich bei dem Wellnessgast um einen Urlauber, der etwas fürs Wohlgefühl tun möchte oder um einen Patienten mit einem gesundheitlichen Problem?
Ein Beispiel: Ich habe es in einem Wellnesshotel erlebt, dass ein Körperpeeling direkt in der Dusche stattgefunden hat, anstelle einer beheizten Behandlungsliege, auf der jedes Körperteil, welches nicht behandelt wird, auch abgedeckt ist.
Das Ergebnis: Das reine Behandlungsergebnis – mit Sicht auf das Hautbild – des Körperpeelings ist wahrscheinlich bei beiden Behandlungen identisch. Doch mal Hand aufs Herz „womit fühlen wir uns persönlich wohler?“ Wie empfindet der Gast diese Behandlung? Zwischen den beiden Behandlungsformen gibt es einen großen Unterschied. Ich denke, der Gast der das Peeling in der Dusche bekommen hat, wird diese Behandlung, trotz eines guten Hautgefühls, nach der Behandlung eher nicht wieder buchen. Und wohl auch nicht darüber positiv berichten. Schon gar nicht, wenn wir uns die Preise anschauen, die in Wellnessbereichen für eine solche Anwendung aufgerufen werden.
Die Erwartungshaltung: In einem Wellnesshotel wird das Ambiente und vor allen Dingen auch das Wohlgefühl mit verkauft. Ein hoher Preis erhöht auch automatisch die Erwartungen der Gäste.
Gretchenfrage: Warum kam der Mitarbeiter dieses hochklassigen Wellnesshotels auf die Idee, die Behandlung in der Dusche durchzuführen? Die Antwort ist eigentlich relativ logisch. Es ging einzig und alleine um praktische Gründe. Findet ein Salzpeeling auf der Liege statt, so muß nach einem solchen Salzpeeling der ganze Raum geputzt werden. Nach einem Peeling in der Dusche folglich nur die Dusche! Die Zeiten zwischen den Behandlungen werden in der Regel sehr knapp gehalten (für die Wellnesslocation ein wirtschaftlicher Hintergrund). Der Therapeut ist also in diesem Fall nur den bequemen Weg gegangen! Hand aufs Herz – Kann man ihm das Verdenken?! Ich denke, NEIN!
Was tun? Ich hab da eine simple Vorgehensweise entwickelt (jedenfalls in den Wellness-Location, in denen ich als Spa-Managerin tätig war und bin).
Was passiert, wenn man diesem Therapeut die Behandlung zukommen lässt, wie er sie für den Gast umsetzt?
Ganz sicher würde er auch feststellen, dass man sich nicht wohlfühlen kann. Völlig entblößt vor den Behandler zu stehen um ein Körperpeeling zu bekommen. Kein schöner Gedanke!
Das Grundproblem: Der Mitarbeiter vergisst oft, sich in die Lage des Gastes zu versetzen. Aber ist das die Schuld des Mitarbeiters? Auch hier ein klares – NEIN! Natürlich muß auch der Mitarbeiter einfach wissen, was der Kunde erwartet. Doch genau dafür, daran zu erinnern, einem Mitarbeiter genau das zu vermitteln und auch Vorgehensweisen und Richtlinien zu entwickeln und zu veranlassen, sind wir – die Spa-Verantwortlichen – gefragt.
Wer den Beruf des Physiotherapeuten oder des Masseurs erlernt, tut das in der Regel nicht, um später mal im Wellnessbereich zu arbeiten. Doch die Erwartungen und Anforderungen zwischen Wellnessoase und medizinischer Einrichtung sind nun einmal ganz unterschiedlich.
Wie geht Wellness-Gefühl?
Wellness-Dilemma… und die Kehrseite der Medaille
Ich leite mein kleines Fazit mal damit ein, dass es oft noch große Schwierigkeiten gibt, verschiedene Erwartungen, Leistungen und Lösungen unter einen Hut zu bekommen.
Auch hier ein Beispiel. Wenn ich als Therapeut in einer Physiotherapie oder Reha-Klinik arbeite, hat mein Vorgesetzter wahrscheinlich eine ähnliche Ausbildung wie ich selber. Das heißt, er kann mir damit genau vermitteln, was er und der Patient von mir erwarten.
Doch wie sieht das aus, wenn ich in einem hochpreisigen und erstklassigen Wellnesshotel arbeite? Kann der Hoteldirektor, mit einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung, meine Arbeit, die Ansprüche des Gastes und auch die Vorstellungen eines Therapeuten einschätzen? Wahrscheinlich nicht – das zeigt die Praxis immer wieder.
Diese Erkenntnis bewegte mich dazu, neben meiner therapeutischen Ausbildung eine Fernstudium im Bereich Qualitätsmanagement zu absolvieren. Denn die Sicht eines Hoteliers und eines Therapeuten sollte man doch unbedingt aufeinander abstimmen können.
Natürlich gibt es viele Dinge, die eine guten Spa ausmachen. Die wichtigsten Punkte sind und bleiben auf alle Fälle Ausbildung und Belastung der Therapeuten. Doch leider führt der Fachkräftemangel im Wellnessbereich viel zu oft zu Notlösungen. Kleine Behandlungen wie beispielsweise Körperpackungen und Bäder werden dadurch von un- und angelerntem Personal durchgeführt. Für die Therapeuten bleiben so nur noch Massagen als Tageswerk übrig. Wie sollen, selbst hervorragende, Therapeuten dieses Pensum dann noch bewältigen? 8 Stunden Massage ist Schwerstarbeit. Ein Boxkampf der über 24 Runden läuft, anstelle von 12 Runden.
Denn natürlich gehört zu den Aufgaben eines Physiotherapeuten oder Masseurs weitaus mehr als die pure Massage. Doch aufgrund Arbeitskräftemangels in diesen Berufen wird die Arbeit des Therapeuten oft nur genau darauf reduziert.
Aber ich habe die Hoffnung, dass sich da etwas in naher Zukunft ändert. Es wäre schön, wenn es endlich mal eine „wirkliche“ Ausbildung im Wellnessbereich geben würde. Es wäre auch schön, wenn das Ansehen der Therapeuten und Behandler in Wellnessbereichen, endlich mal besser werden würde. Toll wäre es auch, wenn ein Physiotherapeut seine Berufswahl danach ausrichtet, weil er/sie später in einem Spa-Hotel arbeiten möchte. Denn das ist in der Regel, wie bereits erwähnt, nicht der Fall.
Natürlich ist der Verdienst auch ein großes Thema der Spa-Branche. Doch es gibt mittlerweile auch viele Hotels die längst aufgewacht sind. Sie gehen schonend mit der „Ressource Mitarbeiter“ um. Das heißt, sie planen beispielsweise Vor- und Nachlaufzeiten, damit auch der Mitarbeiter mal durchatmen kann. Ich habe festgestellt, dass man in der Hotellerie viel schneller Karriere machen kann als in einer Klinik.
Zusätzlich habe ich die Erfahrung gesammelt, dass es durchaus Hotels gibt die vernünftig bezahlen und sich um ihre Mitarbeiter kümmern. Ich bin zuversichlich, dass sich hier auch noch viel verbessen wird. Denn mittlerweile wissen immer mehr Spa-Mitarbeiter auch um den Wert ihrer Arbeit. Auch ein Hotelier weiß, dass ein Spa nicht unbedingt ein Profitcenter sein muss, um zum Erfolg eines Hauses beizutragen und doch werfen Spa’s unter einer guten Leitung, die Soft-Skills beherrscht und auch wirtschaftlich denkt und handelt, oft gute Gewinne ab.
Ein Mitarbeiter der sich wohlfühlt kümmert sich auch besser um seine Gäste. Das wird nicht nur vom Hotelier honoriert, sondern auch vom Gast in Form von Trinkgeld. Auch das sollte ein Anreiz für einen Job im Wellnessbereich sein.
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